Die drei Resilienzfelder stärken


Resilienz Individuell, als Teamresilienz und im Unternehmen entwickeln

Individuelle Resilienz durch ausgewogene Balance der Lebensbereiche

Ein Jahreswechsel oder eine berufliche Neuorientierung sind günstige Anlässe, um alle seine persönlichen Lebensbereiche mal wieder näher zu betrachten. Denn manchmal verliert man den einen oder anderen Bereich etwas aus den Augen oder blendet ihn ganz bewusst aus. Wenn man in den unterschiedlichen Lebensbereichen nach seinen Werten lebt, dann hat dies einen positiven Einfluss auf die individuelle Resilienz eines Menschen. Nossrat Peseschkian, Begründer der Positiven Psychotherapie, verfolgt mit seinem Balancemodell einen transkulturellen Ansatz, in dem er vier Lebensbereiche definiert: Leistung, Kontakt, Sinn/Kultur und Körper/Gesundheit.
Das Balancemodell nach Peseschkian im Vergleich zum Medizinrad indigener Kulturen
Das Balancemodell nach Peseschkian im Vergleich zum Medizinrad indigener Kulturen

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang die Ähnlichkeit des Balancemodells mit dem Medizinrad indigener Kulturen. Auch bei Naturvölkern geht man davon aus, dass ein Mensch für ein gesundes und vollkommenes Leben eine Balance in allen Himmelsrichtungen haben sollte. Wer alle Bereiche mit Leben füllt, der stärkt seine innere Widerstandskraft und damit seine individuelle Resilienz.

Das soziale Netz der Beziehungen und sein Einfluss auf die individuelle Resilienz

Wenn im Leben wichtige Ereignisse anstehen, dann begeht man diese meist nicht allein sondern zusammen mit anderen Menschen. Wir sind soziale Wesen, stets eingebettet in ein Netzwerk von Beziehungen und keine Inseln ohne Bindungen. Diese Bindungen findet man in Familien, Nachbarschaften, im Freundeskreis und auch in Unternehmen. Wir stehen mit unserer Umgebung in ständiger Wechselwirkung und beeinflussen uns damit gegenseitig. In Unternehmen sind Führungskräfte und Mitarbeiter eingebettet in Abteilungen, Projektgruppen oder Führungsteams. Intakte soziale Bindungen sind für unsere Widerstandsfähigkeit und Gesundheit von zentraler Bedeutung – so wie sauberes und klares Trinkwasser. Gestörte Beziehungen schwächen uns und erzeugen emotionalen Stress, der auf Dauer krank macht – so wie belastetes und trübes Wasser.
Jedes Beziehungsnetzwerk erfährt im Laufe des Lebens auch Belastungen oder wird an manchen Stellen geschwächt. Ehemals starke Bindungen verlieren mit der Zeit an Kraft oder lösen sich auf, andere entwickeln sich weiter oder bilden sich neu. Der bevorstehende Jahreswechsel ist eine günstige Gelegenheit, sein aktuelles persönliches Netz der Beziehungen zu reflektieren und zum Beispiel folgende Fragen zu stellen:
  1. Mit welchen Menschen stehe ich aktuell in Beziehung?
  2. Wie nah sind mir diese Menschen?
  3. Wie intensiv ist meine Beziehung aktuell zu diesen Menschen?
  4. Gibt es Beziehungen, die aktuell durch Konflikte oder Missstimmungen belastet sind?
Die Antworten auf diese Fragen können auch sehr anschaulich in einer Zeichnung dargestellt werden, die auch Soziales Atom der Beziehungen genannt wird. Dazu zeichnet man zunächst sich selbst als ICH in die Mitte eines Blattes und zieht von dort aus Linien zu den einzelnen Personen, die einem spontan einfallen. Je näher die Person am ICH steht, desto näher steht Ihnen dieser Mensch auch im Leben. Die aktuelle Intensität der Bindung kann mit bis zu drei Strichen visualisiert werden. Gibt es aktuell Störungen in der Beziehung, können diese je nach Intensität mit bis zu drei Querstrichen durch die Bindungslinie dargestellt werden.
Das soziale Atom der Beziehungen und der Resilienz
Das soziale Atom der Beziehungen und der Resilienz

Die drei Felder der Resilienz in der Arbeitswelt: Individuell, Team und System

„Teamarbeit beginnt mit dem Aufbau von Vertrauen. Und der einzige Weg dies zu tun ist, unser Bedürfnis nach Unverwundbarkeit abzulegen.“
(Patrick Lencioni, US-amerikanischer Managementautor)

Das Beziehungsnetz hat in Unternehmen als Team Resilienzfeld mit seinem Mikroklima einen entscheidenden Einfluss auf das individuelle Resilienzfeld jedes Menschen. Es kann beispielsweise in Teambesprechungen, Abteilungsversammlungen oder in der Kaffeeküche wahrgenommen werden. Das dritte Feld der System Resilienz existiert auf der Ebene des gesamten Unternehmens als eine Art Großwetterlage und gibt die Stimmung im Unternehmen wieder.
Ein anschauliches Beispiel für diese drei Resilienzfelder findet sich in der Welt des Bergsports: damit eine Expedition von Bergsteigern  erfolgreich ist braucht es drei entscheidende Faktoren:
  1. Individuelle Resilienz: Hier geht es um die persönliche Eignung für die Expedition.  Der einzelne Bergsteiger muss der Herausforderung am Berg fachlich und mental gewachsen sein
  2. Team Resilienz: Die Zusammensetzung der unterschiedlichen Charaktere und der Spirit im Team entscheiden darüber, ob das individuelle Können entfaltet werden und er Gipfel erreicht werden kann. Eine Stärkung der Team Resilienz unterstützt auch die individuelle Resilienz, genauso können andauernde Konflikte und Misstrauen den Einzelnen auf Dauer mental schwächen und die Expedition gefährden.
  3. System Resilienz: Das System in dem sich eine Expedition von Bergsteigern bewegt ist zum einen die raue Bergwelt und zum anderen sind es jene Menschen, die indirekt mit zum Erfolg beitragen – zum Beispiel Träger, Köche oder auch das Team des Wetterdienstes. Ist die Großwetterlage unsicher oder gar stürmisch, sind die Erfolgsaussichten geringer und der Aufstieg wird deutlich erschwert oder gar unmöglich. Ist das Wetter zwar gut, aber die Straße zum Basislager durch einen Erdrutsch verschüttet worden, kann eine Expedition trotz bestem Team Spirits und individueller Kompetenz daran scheitern.
 
Klima und Kultur in Unternehmen
Das Klima in einem Unternehmen ist nicht mit der Unternehmenskultur zu verwechseln. Die Kultur einer Organisation lässt sich als die Summe der erlernten Verhaltensweisen, die sich zur Bewältigung der bisherigen Herausforderungen eines Unternehmens als nützlich herausgestellt haben beschreiben (Professor Edgar Schein, Wegbereiter der Organisationspsychologie)  

Die Kultur entsteht und ändert sich also eher langfristig und regelt, wie die Dinge in einem Unternehmen gemacht werden.  Das Unternehmensklima kann sich in viel kürzeren Zeitintervallen verändern. So haben Veränderungen im Management oder in der wirtschaftlichen Lage direkte Auswirkungen auf das Betriebsklima, während die Unternehmenskultur davon zunächst weitgehend unberührt bleibt. Umgekehrt wirkt sich die Kultur eines Unternehmens jedoch prägend auf das Klima aus. Das Klima, also die Großwetterlage und vor allem das Mikroklima in einem Team wirken sich sehr stark auf die nachhaltige geistige und emotionale Widerstandsfähigkeit von Führungskräften und Mitarbeitern aus. Der Management Autor und Coach Karsten Draht bezeichnet diese Energie in seinem Buch „Resilienz in der Unternehmensführung“ als das „Resilienzfeld“ eines Teams, Bereichs oder Unternehmens. Die folgende Grafik verdeutlicht den Zusammenhang von Resilienzfeld und Leistungsfähigkeit: 
Der Zusammenhang von Resilienz und Leistungsfähigkeit im Resilienzfeld
Der Zusammenhang von Resilienz und Leistungsfähigkeit im Beruf

Ist das Klima im Team positiv, dann werden Belastungen eher als Herausforderungen wahrgenommen, die gemeinsam bewältigt werden können. Mit der erfolgreichen Bewältigung steigt das Leistungsvermögen solcher Teams mit der Zeit. In einem Team mit einem negativen Resilienzfeld dagegen entstehen mehr Konflikte und es gibt weniger kollegiale Unterstützung, was dazu führt, dass anstehende Veränderungen eher als nicht zu bewältigende Überforderung eingeschätzt werden und das Leistungsvermögen insgesamt abnimmt.
Jeder Mitarbeiter nimmt bewusst und unbewusst Einfluss auf das Klima, wobei Führungskräfte aufgrund ihrer Rolle natürlich einen deutlich größeren Einfluss und damit auch eine größere Verantwortung haben. Ein Chef, der häufig mit einem ärgerlichen oder genervten Gesicht über die Flure läuft, beeinflusst unmittelbar die Zuversicht und Stimmung seiner Mitarbeiter und damit ihre Fähigkeit, z. B. mit Unsicherheiten umzugehen. Genauso kann aber auch ein Mitarbeiter, der Gerüchte verbreitet und damit Missgunst schürt, das Vertrauen und damit den emotionalen Rückhalt im Team untergraben.

Die Stärkung des Team Resilienz Feldes stiftet Identität und beflügelt Leistungspotenziale

Sehr viele Mitarbeiter möchten sich gerne mit ihrer Arbeit und dem Unternehmen langfristig identifizieren. Dies ist aufgrund des hohen Stellenwertes von Arbeit in unserer Gesellschaft und deren Wichtigkeit für unser Wohlergehen auch nicht weiter ungewöhnlich. Der Stressreport der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zeichnet leider ein Bild, dass diesem Wunsch nach Identität und Sinn immer noch kaum nachgekommen wird. Eine Studie unter 20.000 Arbeitnehmern aus dem Jahr 2012 kam zu dem Ergebnis, dass 84% aller Befragten ihre Arbeit als Quelle von Sinn und persönlicher Identität sehen. Anderseits kommt in derselben Befragung zum Ausdruck, dass 86% der Befragten eine nur geringe oder gar keine emotionale Bindung zu ihrem Unternehmen haben. Hier klaffen Wünsche und erlebte Realitäten weit auseinander und zeigen zugleich ein betriebswirtschaftliches Paradebeispiel der Produktivitätsvernichtung auf. Die Stärkung des Team Resilienz Feldes hilft dabei, die Wünsche und Realitäten in der Arbeitswelt anzugleichen und so die vorhandenen und wertvollen Leistungspotenziale optimal einzusetzen.

Die 7 Ebenen der Team Resilienz

"Je größer die Loyalität einer Gruppe in Bezug auf sich selbst ist, desto größer ist die Motivation der einzelnen Teammitglieder, die Ziele der Gruppe zu erreichen, und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Gruppe ihre Ziele erreichen wird."
(Rensis Likert,US-amerikanischer Organisationspsychologe)

Das Resilienzfeld eines Teams, Bereichs oder eines ganzen Unternehmens ist Resultat der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. So wirken von außen beispielsweise gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Faktoren ein, während von innerhalb der Organisation vor allem Aspekte der Unternehmenskultur und Führung das Resilienzfeld prägen. Beide Arten von Einflüssen können ein Team belasten oder aber förderlich für seinen Zustand sein.

Die sieben Faktoren der Teamresilienz im Beruf
Die sieben Faktoren der Teamresilienz im Beruf
Das Resilienzfeld ist natürlich auch das Resultat von inneren Faktoren, die aus dem Team, der Gruppe oder dem Bereich selbst kommen. Da eine Gruppe immer aus Menschen besteht, stützen sich diese Faktoren im Wesentlichen auf der Zusammensetzung des Teams, den Verhaltensmustern innerhalb des Teams und der Identifikation des Teams mit einem gesteckten Ziel. Jedes Mitglied bringt die eigene individuelle Resilienz in das Team mit ein und prägt damit auch die Interaktionen innerhalb des Teams. Ein stark positiv ausgeprägtes Team Resilienzfeld kann die einzelnen Mitglieder lange Zeit stärken, auch wenn das Gesamtklima, also die System Resilienz, negativ sein sollte. Ein negativ ausgeprägtes Team Resilienzfeld hingegen wirkt sich, unabhängig vom Makroklima, unmittelbar auf die Widerstandsfähigkeit der Teammitglieder aus und hat zudem keinerlei Schutz- und Pufferfunktion gegen negative Einflüsse von außen.

Überblick der Team Resilienz Faktoren

  1. Zusammensetzung und Diversität: Beschreibt, aus welchen Charakteren eine Gruppe besteht, wie unterschiedlich diese sind und inwieweit sie diese Andersartigkeit als Bereicherung empfinden. Wenn die Ähnlichkeiten in einem Team zu groß werden, entwickelt sich leicht ein kollektiver blinder Fleck, da bestimmte Umweltaspekte von den Gruppenmitgliedern dann nicht wahrgenommen werden können.
  2. Lernfähigkeit und Fehlerkultur: Gibt an, wie gut eine Gruppe in der Lage ist, mit Fehlern offen und konstruktiv umzugehen und gemachte Erfahrungen sowohl von Erfolgen als auch von Niederlagen in Erkenntnisse und Verbesserungen umzusetzen.
  3. Vertrauen und Unterstützung: Beschreibt, inwieweit die Mitglieder einer Gruppe offen und vertrauensvoll miteinander umgehen und sich konkret, fachlich und emotional gegenseitig unterstützen.
  4. Konfliktfähigkeit und Lösungskompetenz: Stellt dar, wie offen und proaktiv die Mitglieder einer Gruppe mit Konflikten umgehen und wie konstruktiv diese gelöst werden. Dies gelingt durch das richtige Verhältnis zur Professionalität und zur Nähe bzw. Distanz in der Gruppe.
  5. Commitment: Gemeinsame Verpflichtung: Beschreibt das Maß an Hingabe und Selbstverpflichtung, mit dem jedes Mitglied der Gruppe sich engagiert und für die gemeinsamen Ziele einsteht.
  6. Accountability: Verantwortung übernehmen: Trifft eine Aussage über die Bereitschaft, Verantwortung nicht nur für den individuellen Beitrag, sondern für das Gesamtergebnis der Gruppe zu übernehmen
  7. Sinn und Identität: Beschreibt das Gefühl, eine Daseinsberechtigung und ein Wir Gefühl auf inhaltlicher und emotionaler Ebene zu haben.

Herleitung der Team Resilienz Faktoren

Karsten Draht hat in seiner langjährigen Arbeit mit Teams und Führungskräften sieben Faktoren identifiziert, die die wesentlichen Eigenschaften und Kompetenzen einer Gruppe zusammenfassen und die die Grundlage für ein förderliches Umfeld bilden. Die Faktoren der Team Resilienz beziehen andere wissenschaftliche Konzepte mit ein und kombinieren diese zu einer neuen Aussage in Bezug auf die innere Widerstandskraft und Regenerationsfähigkeit einer Gruppe. So fließen z. B. Erkenntnisse des britischen Managementtheoretikers Meredith Belbin ein. Seine Erkenntnisse über die Rollen, die Menschen in einer Gruppe einnehmen, und die Auswirkungen, die das auf die Zusammensetzung einer Gruppe hat, gelten im Bereich der Teamentwicklung zum anerkannten Standard. Aber auch andere Erkenntnisse der Persönlichkeitspsychologie sind in diesen sieben Faktoren integriert: „Lernfähigkeit“ ist z. B. ein Konzept, das auf Daten des Centers for Creative Leadership beruht und von den Managementautoren und Unternehmern Michael Lombardo und Robert Eichinger zum Modell „Learning Agility“ weiterentwickelt wurde. Es beschreibt verschiedene Faktoren, die die innere Beweglichkeit und Reflexionsfähigkeit von Einzelpersonen und Gruppen ausmachen. Die Ebenen „Vertrauen“, „Konfliktfähigkeit“, „Commitment“ und „Accountability“ entstammen den „Five Dysfunctions of a Team“, welche von dem Managementtrainer und Autor Patrick Lencioni sehr treffend beschrieben worden sind.

 Autor: Stefan Spiecker

Resilienz Seminare und Teamresilienz Workshops

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ein Artikel von Stefan Spiecker für das Institut für Management Entwicklung (IME)


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