Mit Präsenz zu Selbstführung und Charisma


Haben Sie schon mal Ärger oder Wut erlebt? Was für eine Frage - natürlich, oder? Wir meinen dieses Mal jedoch nicht die Reaktion und die damit verbundenen Emotionen, sondern die Phase des Entstehens von Ärger oder Wut. Der Moment, in dem ein neutraler oder gut gelaunter Gemütszustand unvermittelt ins Negative umschlägt - also die Phase, bevor uns die berühmte Hutschnur hoch oder der Gaul durchgeht. Die meisten Menschen nehmen diesen Moment des Wechsel gar nicht oder nur sehr subtil wahr. Doch zwischen dem Reiz und der ausgelösten Reaktion gibt es einen Raum. Das sagte schon der bekannte Psychiater Viktor Frankl. Und in diesem Raum liegt unsere Freiheit. Es ist die Freiheit der Wahl unserer Reaktion und der Zugang zu einem völlig neuen Erleben. Zugegeben: dieses Erlebnis stellt sich erst nach einer gewissen Zeit der Praxis und des Übens ein, doch der Weg dahin lohnt sich.

Megatrend Selbstführung und Digitalisierung

Im Rahmen einer aktuellen Umfrage unter 1300 Mitgliedern des Führungskräfteverbandes "United Leaders Association (ULA)" kristallisierten sich zwei Megatrends heraus: zum einen der nachhaltige Umgang mit sich selbst, also die Art und Weise wie man sich selbst führt und zum anderen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wirtschaft und Gesellschaft. Je mehr sich durch den Gebrauch digitaler Medien das Berufliche und Private vermischen, desto wichtiger wird ein gutes Selbstmanagement. Auch vor dem Hintergrund des immer späteren Eintrittsalters in die Rente ist ein weiser Umgang mit seinen persönlichen Ressourcen ratsam. Wo früher Menschen oft sehr hart gearbeitet haben, um dann mit Mitte 50 in Frührente zu gehen, kommen heute eher die Langstreckenläufer ins Ziel.

Präsenz Training: In drei Stufen zu mehr emotionaler Intelligenz

Bevor man sich dem beschriebenen Wunschverhalten von Viktor Frankl annähert empfiehlt die Wissenschaft, darunter der renommierte Psychologe Daniel Goleman, das Training emotionaler Intelligenz. Für die Entwicklung von Präsenz sind drei Bereiche der emotionalen Intelligenz relevant:
  1. Selbstwahrnehmung: Ein klares und bewusstes Bild seiner eigenen Person zu entwickeln
  2. Selbstregulierung: Eigene Gefühle, Emotionen und Gedanken gezielt zu regulieren
  3. Sozialwahrnehmung: Die Fähigkeit, sich in andere hineinversetzen zu können und ihre Sicht, Handlungsmotive und Bedürfnisse zu verstehen (Empathie)
Achtsamkeit und emotionale Intelligenz stehen im engen Zusammenhang
Achtsamkeit und emotionale Intelligenz stehen im engen Zusammenhang

1. Dem Faktor Selbstwahrnehmung kommt in Punkto Selbstführung und Gesundheit eine besondere Bedeutung zu. Ein Beispiel: bei Burnout Patienten kann man stets die gleichen Muster und Sympthome erkennen: sie arbeiten so lange und so viel bis es ihnen den sprichwörtlichen Schalter raushaut. Bis es soweit kommt, spüren sie in der Regel nicht ihre körperlichen und geistigen Grenzen oder sie ignorieren erste Warnzeichen. Eine ausgeprägte Selbstwahrnehmung ermöglicht es, ungesunde Stressreaktionen des Körpers frühzeitig zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Man ist viel besser mit seinem Körper, seinen Gedanken und Gefühlen in Kontakt.

Mit Selbstwahrnehmung eigene Emotionen und Gefühle in höherer Auflösung wahrnehmen
Mit Selbstwahrnehmung eigene Emotionen und Gefühle in höherer Auflösung wahrnehmen

2. Der Faktor Selbstregulierung bildet die zweite Stufe des Präsenz Trainings. Hier kommt Viktor Frankl wieder ins Spiel. Wer beispielsweise seine roten Knöpfe gut kennt, der ist in schwierigen Situationen schon von Haus aus besser vorbereitet. Die Fähigkeit der Selbstregulierung erlaubt es zum einen, starke Schlüsselreize frühzeitig wahrzunehmen um dann besser mit der eigenen Reaktion arbeiten zu können. Zum anderen kann Selbstregulierung auch dabei helfen, bestimmte Gefühle oder Gedanken zu fördern oder zu reduzieren. In diesem Fall spricht man von der Arbeit an der eigenen Affektbilanz. Wer zum Beispiel vor wichtigen Terminen leicht nervös wird, der kann gezielt die Intensität der Nervosität reduzieren und sich stattdessen z.B. stärkende oder beruhigende Gedanken ins Bewusstsein rufen.

Emotionsregulierung und Impulsdistanz gehören zur Selbstregulierung
Emotionsregulierung und Impulsdistanz gehören zur Selbstregulierung

3. Der Faktor Sozialwahrnehmung erweitert das Feld der Wahrnehmung auf die Umwelt und damit auf die Personen, mit denen man täglich im Kontakt ist. Hier kommt der Fähigkeit der Empathie eine besondere Rolle zu. Wer sich gut in die Gedanken, Gefühle und Perspektiven anderer Menschen hineinversetzen kann, der kann sich auch wesentlich besser auf seinen Gegenüber einstellen - sei es nun bei der Bedarfsanalyse im Kundengespräch, dem Dialog mit einem Patienten, im Konfliktgespräch mit einem Kollegen oder als Führungskraft gegenüber seinen Mitarbeitern. Empathie bedeutet dabei entgegen weit verbreiteter Meinung keineswegs, dass man sich den Gedanken oder Gefühlen seines Gegenüber zwangsläufig anschliesst. Frei nach dem Motto "Hart aber herzlich" kann man durchaus mitfühlend sein und dennoch eine schmerzhafte, aber notwendige Entscheidung treffen. So bleibt man Mensch und verfolgt trotzdem konsequent seine Ziele.

Mit Präsenz zu echtem Charisma

Niemand führt gerne ein Gespräch mit jemandem, der nicht aufmerksam ist. Dem Zuhören wird neben dem Vertrauen in einer aktuellen Allensbach Studie über Kommunikationsverhalten die größte Wichtigkeit zugesprochen. Wenn Sie jemanden treffen, der Ihnen ganz aufmerksam zuhört und aktiv im Gespräch vertieft ist, dann steigt die Chance, dass Sie ihn sympathisch finden signifikant an. Und wenn dann noch das Handy klingelt und die Person dies ignoriert, bekommen sie doppelt so viele Pluspunkte. Denn damit macht uns der Gegenüber klar, dass wir als Person gerade für ihn am wichtigsten sind. Leider ist diese Art von Aufmerksamkeit im Alltag sehr selten anzutreffen. Deshalb wird die Fähigkeit voll präsent zu sein bei den meisten Menschen auch einen großen Eindruck hinterlassen.

 

Wir denken bei Charisma oft an eine Gabe oder ein besonderes Geschenk, dass einem sozusagen in die Wiege gelegt wurde. Wenngleich die Forschung in Bezug auf Ausstrahlung noch in den Kinderschuhen steckt, so gibt es doch eine bemerkenswerte und umfangreiche Studie über Charisma. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Charisma nicht so sehr ein Geschenk als vielmehr eine erlernbare Fähigkeit ist. Die Studie beschreibt sechs Elemente einer charismatischen Person:

  1. Empathie – den ganzen Menschen sehen und verstehen
  2. Gutes Hörverständnis – sowohl verbal als auch nonverbal
  3. Augenkontakt herstellen und halten
  4. Begeisterung für eine Sache oder für andere Menschen
  5. Selbstvertrauen und authentisches Handeln
  6. Die Kunst der rechten Wortwahl und die Fähigkeit, sich mit anderen tiefgreifend zu verbinden

Präsenz im Alltag praktizieren

Die formale Achtsamkeitsmeditation ist sozusagen der Klassiker unter den "Präsenz Trainern". Wer sie regelmäßig praktiziert, der wird auch im Alltag viel leichter und häufiger in den Präsenz Modus kommen und dort verweilen können. Es gibt aber auch kleine und sehr nützliche Übungen für unterwegs. Eine dieser Übungen besteht aus drei ganz simplen Fragen, die man sich in unterschiedlichen Situationen des Alltags stellen kann:
  1. Was tue ich gerade?
  2. Wie tue ich es?
  3. Warum tue ich es?
Die erste Frage schafft ein Bewusstsein für die Handlung oder die Tätigkeiten jetzt in diesem Moment und hilft zum Beispiel dabei, aus der Multitasking Falle rauszukommen. Die zweite Frage richtet den Blick stärker nach innen und geht den vorhandenen Gedanken und Gefühlen in Verbindung mit der aktuellen Handlung nach. Die dritte Frage fragt nach dem Sinn des Tuns. Fahre ich zum Beispiel gerade in die Arbeit, um meine Familie zu ernähren oder besuche ich gerade meinen besten Freund, weil es ihm schlecht geht und es mir wichtig ist, dass ich für ihn da bin?

Je häufiger man diese Übung durchführt, desto mehr durchdringen Klarheit und Bewusstheit den persönlichen Alltag. Das Leben gewinnt an Präsenz und an Qualität.

Meditation für einen souveränen Umgang mit eigenen Gefühlen

Starke und unangenehme Gefühle verlieren nicht nur ihre Kraft wenn man sie frühzeitig erkennt. Studien belegen mittlerweile, dass auch der Aufbau einer größeren Distanz zu bestimmten Gefühlen hilfreich sein kann, sich von ihren destruktiven Wirkungen zu befreien. Die folgende Meditation unterstützt diesen Prozess. Sie geht einem konkreten unangenehmen Gefühl auf den Grund und lädt den Meditierenden zu einem anderen Umgang mit diesem Gefühl ein. (MP3 Download. Dauer: ca. 15 Minuten)

Download
Souveräner Umgang mit Gefühlen
Souveräner Umgang mit Gefühlen.mp3
MP3 Audio Datei 27.2 MB

Die Vorteile von Präsenz auf den Punkt gebracht

  • Klarheit über persönliche Stärken, Wünsche und Handlungsmotive
  • Entwicklung von Kommunikations- und Moderationskompetenz
  • Deutlich mehr Erfolg beim Lösen von Konflikten
  • Täglicher Workout für den Geist: als Langstreckenläufer kommt man sicher ins Ziel
  • Langfristige Entwicklung von Charisma
  • Geschicktes Pendeln zwischen Empathie und Zielfokus, dem Traumduo moderner Führung

 

Autor: Stefan Spiecker, März 2017

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ein Artikel von Stefan Spiecker für das Institut für Management Entwicklung (IME)


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